Warum Berührung für uns so essentiell ist

Die Zeit um Weihnachten und Neujahr ist für die meisten Menschen eine besondere Zeit voller Liebe, Nähe, Geselligkeit und Vertrautheit. Wir treffen Freunde und Familienmitglieder, schließen sie fest in die Arme, wollen ihnen nah sein, uns zugehörig fühlen und unser Herz öffnen. Dass es nicht selbstverständlich ist, unseren Liebsten nah zu sein, haben uns die letzten drei Jahre der Pandemie gezeigt.

Dabei sind Nähe und Berührung für uns Menschen so wichtig wie die Luft zum Atmen, wie Nahrung und Wasser. Wenn Menschen über lange Zeit hinweg nicht berührt werden, verkümmern sie, vereinsamen und verhärten innerlich. Ich weiß nicht, wie es dir in den letzten drei Jahren ging, ob du Umarmungen und Berührungen auch so vermisst hast wie ich. Plötzlich galten Nähe und enger Kontakt als “gefährlich”. Social distancing war angesagt. Ich persönlich habe mich relativ früh darüber hinweggesetzt und Menschen, für die das stimmig war, wieder umarmt.

Und ich war wirklich dankbar, dass ich in einer Partnerschaft lebe, in der ich Nähe und Berührung erfahren darf. Manchmal habe ich versucht, mich in Menschen hinein zu versetzen, die alleine leben und wenig Kontakt haben oder in Menschen, die in Pflegeheimen leben und keinen Besuch mehr empfangen durften. Da kriege ich Gänsehaut und es schüttelt mich innerlich. Weil Berührung und Nähe für uns Menschen so essentiell ist.

Berührung ist unsere erste Sprache

Der Tastsinn ist nicht nur der einzige Sinn, der immer aktiv ist. Er ist auch der erste, der sich im Leben entwickelt. Schon mit acht Wochen spürt ein ungeborenes Kind erste Berührungen, etwa ein Streicheln über den Bauch der Mutter. Und auch nach  der Geburt ist der Tastsinn weiter entwickelt als alle anderen Sinne. Berührung ist die erste Sprache des Menschen. Babys, die viel berührt werden, fühlen sich geliebt, geborgen und angenommen. Berührungen machen Kinder kräftiger und klüger, denn angenehmer Körperkontakt lässt neue Verknüpfungen im Gehirn entstehen.

Wie sich ein Mangel an liebevollen Berührungen auswirkt, zeigen Studien über Waisenkinder oder ein grausamer Versuch aus den 50er Jahren, wo Babys ohne Berührung und Körperkontakt aufgezogen wurden und alle starben.

Mangelnder Körperkontakt hat also einen massiven Einfluss auf die Entwicklung von Kindern: sie wachsen langsamer, zeigen mehr psychische Probleme, mehr Ängste, Schwierigkeiten mit Bindung und eine veränderte Gehirnchemie.

Da Berührung unsere erste Sprache ist, ist sie auch für Erwachsene essentiell, egal wie alt sie sind. Für Emmi Pickler ist Berührung das Fundament jeder Beziehung.

"Die Berührung ist das Fundament jeder Beziehung, der Beziehung zu anderen und zu sich selbst".

Ich möchte dich an dieser Stelle einladen, dir mal Gedanken über das Fundament deiner Beziehungen zu machen, einschließlich der Beziehung zu dir selbst.

Was Berührungen im Körper bewirken

Menschen sind soziale Wesen, Beziehungswesen. Wir brauchen Umarmungen, Berührungen und Nähe. Berührungen beeinflussen unser Wohlbefinden, unsere seelische, aber auch unsere körperliche Gesundheit. Ein Mangel an Berührung kann einen Menschen tatsächlich krank machen.

Unsere Haut ist das größte Sinnesorgan, mit Millionen von Rezeptoren, die uns dabei helfen, intensiv zu spüren und wahrzunehmen. Über die Haut-Rezeptoren gelangen Signale  über Nervenbahnen zu unserem Gehirn. Angenehmen Berührungen bringen unser Gehirn auf Hochtouren. Das Hormon Oxytocin und Endorphine werden ausgeschüttet. Die Folgen sind, dass wir ruhiger atmen, der Herzschlag und der Blutdruck werden gesenkt, unser Nervensystem beruhigt sich, Stresshormone werden reduziert, Schmerz wird gelindert und unser Immunsystem gestärkt. Auf der emotionalen Ebene fühlen wir uns wohl, angenommen, verbunden und entspannt. Berührungen vertiefen die Bindung. Menschen erleben sich dadurch als Teil einer Gemeinschaft, empfinden Schutz und Sicherheit.

Eine berührungsarme Gesellschaft

In unserer kognitiv geprägten Leistungsgesellschaft sind Berührungen unter Erwachsenen selten geworden. Und das nicht erst seit Corona. Für Kinder ist es selbstverständlich, Berührungen und Körperkontakte einzufordern. Sie kommen zu den Eltern kuscheln oder drücken vertraute Menschen ganz spontan. Wie geht es dir mit dem Körperkontakt zu anderen Erwachsenen? Wie intensiv umarmst du deine Freunde? Gibt es gemeinsames Kuscheln? Viele Erwachsene erleben Berührungen und Nähe nur in ihrer Partnerschaft. Aber auch Männer und Frauen in festen Beziehungen leiden häufig an Berührungsmangel, oft ohne dass sich die beiden dieses Mangels bewusst sind. Ein durchgetakteter Alltag, ein anstrengender Beruf, Kinder, Hobbies, Vereine – da bleibt wenig Zeit für Körperlichkeit. In Partnerschaften wird die Körperlichkeit oft auch auf Sexualität reduziert, liebevolle Kontakte im Alltag finden wenig statt.

"Wir alle, die in den Industriestaaten durch unser Leben hetzen, sind Teil einer
Gesellschaft, die an chronischem Berührungsmangel leidet".

Auf Kuschelpartys oder Tantraseminaren begegne ich Menschen, die sich dieses Mangels bewusst geworden sind, die ihre Bedürfnisse nach Körperkontakt, Nähe und Geborgenheit nicht länger verdrängen und ausblenden möchten, sondern nach Wegen suchen, diese Bedürfnisse zu leben.

Zu dieser Selbstfürsorge gehört im ersten Schritt, dass wir erkennen und anerkennen, dass wir ein Grundbedürfnis nach Nähe, Kontakt und Berührung haben. Denn nur wenn wir dies als unser Bedürfnis erkennen, können wir unser Handeln entsprechend anpassen.

Umarmungen und Körperkontakt im Alltag

Wenn es um Umarmungen oder Berührungen geht, wie unterschiedlich ich die Umarmungen meiner Mitmenschen erlebe. Hast du schon mal darauf geachtet, wie sich die Umarmungen verschiedener Menschen für dich anfühlen? Sind dir die Unterschiede aufgefallen? Manche Menschen nehmen sich Zeit, geben sich ganz in die Umarmung hinein, drücken ihren Körper an deinen und genießen die Nähe, die dabei entsteht. Sie verweilen einen Moment in der Umarmung. Andere umarmen dich zwar, aber du merkst, dass sie sich da nicht hinein geben können. Sie bleiben fast steif, als wären sie mit der Berührung überfordert. Es gibt keinen Körper-zu-Körper-Kontakt, die Umarmung bleibt oberflächlich. Manche Menschen umarmen dich so fest, dass du fast keine Luft mehr bekommst und andere so hauchzart wie Schmetterlingsflügel.

Wenn meine Enkelkinder bei uns sind, fällt mir auf, wieviel Körperkontakt ich mit ihnen habe und wie selbstverständlich dieser Kontakt ist. Inzwischen suche ich auch im Alltag bewusster nach Kontakt und Berührung. Oft halten Jörn und ich “Händchen”, berühren uns einfach so zwischendurch. Und auch mit Freunden und Freundinnen lebe ich mehr Körperkontakt als früher.

An dieser Stelle möchte ich dir gerne die Schmetterlingsumarmung vorstellen. Du gehst mit viel Achtsamkeit und Langsamkeit in die Umarmung mit einem anderen Menschen hinein, ganz zart und behutsam und dennoch so, dass ihr euch gut gegenseitig spürt. Achte darauf, dass du aufrecht stehst und dein Körper nicht angespannt ist. Entspanne dich mit deinem Ausatmen in die Umarmung hinein. Spüre die Nähe und achte darauf, was in deinem Körper geschieht, wie diese Umarmung auf dich wirkt.

"Wir brauchen vier Umarmungen pro Tag zum Überleben.
Wir brauchen acht Umarmungen pro Tag zum Leben.
Wir brauchen zwölf Umarmungen pro Tag zum Wachsen".

Und hattest du heute schon zwölf Umarmungen? Nein? Du kannst dich entscheiden, das zu ändern!

Berührungen in der Tantramassage

Die Berührungen in der Tantramassage haben eine besondere Qualität. Sie sind getragen von einer inneren Haltung der Achtsamkeit, Absichtslosigkeit, Einfühlsamkeit, Wertschätzung, Respekt und Liebe. Wenn ich Tantramassagen gebe, bringen ich damit Liebe in diese Welt, davon bin ich überzeugt.

In einer Tantramassage können wir vielfältige Räume betreten. Einer davon ist der Raum der Nähe, des Gehalten werdens, der Geborgenheit. Die Bedürfnisse nach Nähe, Berührung, Gehalten werden und Geborgenheit begegnen mir häufig in meinen Massagen. Und das sind sehr bewegende Momente. Wenn ein gestandener Mann alles an Machen, Kontrolle, Erreichenwollen und Sich-beweisen-wollen aufgibt und sich vollkommen in meine Arme hinein entspannt, sich den Berührungen hingibt und tief bei sich selbst ankommt – das berührt mich im Innersten. Hinterher fallen dann oft Sätze wie: “Wir brauche doch alle Berührung, oder?” oder “In meiner Ehe gibt es schon lange keine Berührungen und keine Sexualität mehr!” oder “Danke für die Nähe, die ich erleben durfte.”. Da merke ich dann, dass ich mit meinen Berührungen etwas im innersten Kern dieser Menschen berührt habe.

An dieser Stelle kann man sich fragen, ob es für einen stimmig ist, sich die Bedürfnise nach Nähe, Geborgenheit oder Umarmungen als Dienstleistungen zu erwerben. Ich denke ja. Wenn ich mir dieser Bedürfnisse bewusst bin und ihnen eine Priorität gebe. Inzwischen gibt es immer mehr Angebote, bei denen keine sexuellen Dienstleistungen, sondern Berührungen angeboten werden. Mit unseren Angeboten möchten wir genau das ermöglichen: Gehalten werden, berührt werden, sich geborgen fühlen, Nähe erleben. Dazu gibt es auch Angebote, die bekleidet stattfinden, wo es zum Beispiel um ein “Gehaltensein in deiner Weiblichkeit” geht.  Oder Angebote zur Ganzkörpermassage, bei denen keine Intimberührung statt findet, wie unser “sinnliches Ölritual”. Auch eine Ganzkörpermassage mit Brustmassage kann für Frauen sehr öffnend und herzverbindend sein. Und dann gibt es auch noch die Genitalmeditationen, bei denen Intimberührung statfindet, aber auf eine ganz achtsame, langsame und meditative Weise, sodass die tiefe Entspannung und nicht Lust und Erregung im Vordergrund stehen. Über das Wesen einer Tantramassage kannst du in unserem Blogbeitrag “Berührung, die dein Innerstes erreicht” mehr erfahren.

Berührungen verschenken

Vielleicht hast du ja Lust bekommen Berührungen zu verschenken. Wie wäre es mit der Schmetterlingsumarmung oder ein paar Kuschelrunden? Eine weitere Möglichkeit sind unsere Geschenkgutscheine, mit denen du Berührung verschenken kannst.

Wir wünschen dir viele Momente voller Berührungen, Nähe und Geborgenheit.

Nach oben scrollen