Du fragst dich jetzt vielleicht, was eine Fesselmassage sein soll. Vielleicht kennst du Tantramassagen und vielleicht sagt dir auch Shibari etwas. Aber was haben diese beiden Welten bitteschön miteinander zu tun? Bis vor wenigen Monaten hatten sie auch für mich nichts miteinander zu tun.
Warum wir fesseln und Berührung verbinden
Zuerst war da die Tantramassage in meinem Leben. Ich habe diese achtsame, langsame und sinnliche Art der Berührung sehr zu schätzen gelernt. Viele Jahre später gab es eine erste Erfahrung mit Gefesselt werden und ich wurde neugierig. Das berührte ganz neue Aspekte in mir. In mir entstanden Gedanken, wie es wohl wäre, diese beiden Welten miteinander zu verbinden. Und dann bin ich auf Menschen getroffen, die genau das tun. Bald darauf habe ich mich zu meinem ersten Fesselmassageseminar angemeldet, von dem ich und inspiriert und begeistert wieder zurück kam.
Für mich ist die Fesselmassage eine Möglichkeit, eine erweiterte Tantramassage zu erleben. Es werden Ebenen im Menschen angesprochen, die bei einer alleinigen Tantramassage nicht angesprochen werden. Es können sich neue Erlebensräume öffnen.
Tantramassage ist warm, fließend, sanft und geborgen. Gefesselt werden ist kühl, spannend, kraftvoll und aufregend. Das beides miteinander zu kombinieren hat einen besonderen Reiz, es ist ein Wechsel zwischen zwei Welten, die sich gegenseitig berühren und inspirieren.
Oliver
Fesseln im Shibari-Stil
Auch beim Fesseln gibt es unterschiedliche Stilrichtungen. Im westlichen Bondage, wie es im BDSM praktiziert wird, geht es oft um Dominanz und Unterwerfung und auch um Sadomachoismus. Dagegen ist die japanische Fesselkunst Shibari vielfältiger. Da können neben erotischen und ästhetischen Aspekten auch therapeutische Motive eine Rolle spielen.
Shibari ist eine erotische Kunst des Fesselns mit Seilen, die aus Japan kommt. In der westlichen Welt werden die Begriffe Shibari und Kinbaku synonym verwendet. In Japan bedeutet das Wort Shibari jedoch lediglich “Festbinden”. Die erotische Fesselkunst ist dort ausschließlich als Kinbaku bekannt.
Neben der Erotik ist ein wichtiger Aspekt des Shibari die Ästhetik. Beim Shibari wird Kunst aus der Kombination von Seil, Knoten und nackter Haut geschaffen. Es kann sowohl über der Kleidung, als auch auf nackter Haut gefesselt werden. In der Fesselmassage fesseln wir ausschließlich auf nackter Haut. Durch das verwendete Öl gleiten die Seile geschmeidiger über den Körper. Die gefesselte Person kann dabei stehen, sitzen oder liegen. Im Gegensatz zum Shibari, bei dem die gefesselte Person auch an ihren Fesseln von der Decke hängen gelassen werden kann, fesseln wir bei der Fesselmassage nur am Boden.
Die Wirkungen vom Gefesseltsein
Eine Fesselmassage ist für viele Menschen eine Einladung, sich mit dem eigenen Körper auseinanderzusetzen, aber auch mit den eigenen Gefühlen, Bedürfnissen und Grenzen. Gefesselt zu werden oder gefesselt zu sein kann bei Menschen verschiedene Körperreaktionen und Gefühle hervorrufen, die von Geborgenheit über Leidenschaft, vollkommenem Loslassen bis hin zu einem emotionalen Rauschzustand reichen.
Beim Shibari basiert das Fesseln auf großem Vertrauen. Es kann eine tiefe Verbindung entstehen, die das Urvertrauen und die Intimität stärkt und zur Hingabe einlädt. Die gegenseitige Verletzlichkeit und Offenheit, die beim Fesseln entsteht, schaffen eine Atmosphäre des Vertrauens und der Verbundenheit. Die Person, die gefesselt wird, übergibt dem Fesselpartner eine gewisse Kontrolle und Verantwortung. Es findet ein Loslossen, sich hingeben und sich anvertrauen statt. Diese Hingabe zu erfahren, kann ein absolutes Glücksgefühl auslösen. Gerade, wenn es dir schwerfällt, dich hinzugeben, kann die Fesselmassage eine wunderbare Möglichkeit sein, Hingeben und Vertrauen körperlich zu erfahren.
Irgendwann realisiere ich, dass ich mich nur noch sehr eingeschränkt bewegen und dass ich mich nicht selbst befreien kann. Ein leises Gefühl von Panik wallt in mir auf. Ich vergegenwärtige mir, dass ich sicher bin und im Vertrauen und dann lasse ich mich da völlig hinein fallen. So eine tiefe Hingabe habe ich bis dahin noch nie erlebt. Es ist ein überwältigendes Gefühl.
Melanie
Viele Menschen berichten, dass es ihnen “den Kopf ausknipst”. Ihre Aufmerksamkeit verlagert sich vom Kopf in den Körper. Die Gedanken werden still, es kehrt eine ungewohnte Ruhe ein und es öffnet sich ein Raum zum Spüren. Durch die Stimulation mehrerer Sinne gleichzeitig, wie Berührung und auch Hören, kann das Nervensystem des Körpers aktiviert werden. Dies kann dazu führen, dass die neurologischen Signale im Gehirn verstärkt werden, was zu einer erhöhten Wahrnehmungsfähigkeit und Empfindsamkeit führt. Deswegen können sich Körperempfindungen im gefesselten Zustand intensiver anfühlen. Die Durchblutung der Haut und der Muskeln werden erhöht, was zu einer verstärkten Empfindung von Wärme und Kribbeln führen kann und somit auch das Lustempfinden steigert. Es kann auch ein Gefühl des Pulsierens im ganzen Körper entstehen. Der Körper schüttet Hormone aus.
Durch die Enge der Umschnürung kann ein Gefühl der Geborgenheit entstehen, wie es auch beim Pucken in der Säuglingspflege zu finden ist. Die sanften Fesseln wirken auf manche Menschen beruhigend und vermitteln ein Gefühl von Sicherheit und Gehaltensein. Durch die feste, aber kontrollierte Einschränkung der Bewegungsfreiheit beim Shibari wird das sympathische Nervensystem beruhigt, was dazu beiträgt, eine tiefe Entspannung zu fördern. Das Anlegen der Seile um den Körper, also das Simulieren einer Umarmung, kann die Freisetzung der Hormone Oxytocin wie auch Endorphin auslösen. Diese werden auch gerne als Glückshormon benannt. Unter anderem sorgen sie dafür, dass der Stresspegel im Körper sinkt, sie wirken schmerzstillend, unterstützen das Immunsystem und fördern die Gesundheit.
Ich spüre die Seile auf meiner Haut, Windung für Windung, es wird enger, eine deutlich spürbare Umarmung durch das Seil. Meine Körpergrenzen werden für mich fühlbar. Ich kann mich da reinfallen lasen, mich halten lassen, mein ganzes Gewicht abgeben. Ich fühle mich sicher, geborgen und gehalten. Zusätzlich zum Seil spüre ich Arme die mich umfangen und halten. Ich fühle mich vollständig umhüllt. In mir entsteht ein tiefer innerer Frieden.
Melu
Der Aspekt der Kommunikation bekommt in einer Fesselmassage eine neue Dynamik. Es wird durch das Seil kommuniziert. Die fesselnde Person hat die Wahl, ob sie das Seil nur ganz sachte über die Haut der gefesselten Person gleiten lässt, oder stürmisch, ja sogar ruppig einschnürt, inklusive aller Nuancen dazwischen. Diese Variationen äußerer Reize rufen bei der gefesselten Person verschiedene körperliche Reaktionen und Gefühlsregungen hervor, auf welche die fesselnde Person wiederum reagiert. Die fesselnde Person kann durch das Seil zu bestimmten Bewegungen einladen, die gefesselte Person folgt diesen Impulsen. Es entsteht eine feine nonverbale Kommunikation.
Die Erfahrung gefesselt zu werden kann die Selbstreflexion und die Persönlichkeitsentwicklung unterstützen. Durch das Erforschen ihrer eigenen Grenzen und Bedürfnisse im Kontext des Fesselns können Menschen ein tieferes Verständnis für sich selbst entwickeln.
Elemente einer Fesselmassage
In einer Fesselmassage wechseln sich Fesselelmente und Massageelemente ab. Ich berühre und massiere, lege nach und nach Fesslungen an und berühre dann wieder im gefesselten Zustand, löse die Fesslungen wieder, gehe in ein Halten und lade die empfangende Person ein die Position zu wechseln und unterstütze sie dabei und dann beginnt das Spiel wieder von vorne: berühren, massieren, fesseln, berühren, massieren, entfesseln, halten.
Vor der Massage führen wir ein ausführliches Vorgespräch, in dem ich die Wünsche, Bedürfnisse, Grenzen und gegebenenfalls vorhandene Einschränkungen abfrage. Ich erläutere Sicherheitsaspekte beim Fesseln und weise auf Anzeichen hin, die bei einer zu engen Fesslung spürbar werden. Auch in einer Fesselmassage begegne ich meiner empfangenden Person in der tantrischen Haltung wie bei einer Tantramassage auch. Ich lade die empfangende Person ein, in die Selbstverantwortung zu gehen und jederzeit mit mir zu kommunizieren.
Der Ablauf ist ähnlich wie bei einer Tantramassage. Beide sind nackt, nur mit einem Lunghi bekleidet.
Einverständnis und Berührungserlaubnis
Durch die Fesslung kommt es zu einem Machtgefälle und zu einer Immobilisierung. Deswegen ist es für mich essentiell, mir das Einverständnis dafür von der empfangenden Person zu holen und wie in jeder Tantramassage um Berührungserlaubnis zu fragen.
Ankommen: Fesslung im Sitzen
Zum Ankommen entkleide ich die empfangende Person, spiele ich mit dem Seil auf der Haut, fessle die Hände und umwickle die Person mit dem Seil. Dabei bin ich in engem Kontakt und halte und wiege, gebe Geborgenheit und lade zum vertrauen und loslassen ein.
Fesslung in Bauchlage
In Bauchlage massiere ich die Rückseite und fessle dann die Beine angewinkelt und binde die Füße zusammen. Die Hände binde ich ebenfalls zusammen und führe sie über den Kopf zum oberen Rücken und befestige das Seil an den Füßen. So kann ich die Rückseite weiter berühren und wenn gewünscht eine Analmassage durchführen.
Fesslung in Rückenlage
In Rückenlage massiere ich den Oberkörper, setze die Person auf und fessle den Oberkörper in einer Diamantfesslung. Wieder liegend fessle ich die Beine angewinkeltund lege sie seitlich auf einem Kissen ab. Die Hände fessle ich zusammen und befestige die Seile an den Beinen. Nun kann ich den Oberkörper berühren.
Intimmassage vollständig gefesselt
Dann setze ich mich zwischen die Beine und beginne das Genital sanft mit den Seilen zu berühren. Es folgt eine Yonimassage oder eine Lingammassage in diesem vollständig gefesselten Zustand, die mit einem abschließenden Halten endet.
Entfesselt Geborgenheit erleben
Ich entfessle die empfangende Person achtsam und langsam und biete dann noch eimal einen engen geborgenen Kontakt im Sitzen an. Dann lege ich die empfangende Person auf die Seite, biete noch einmal Geborgenheit an und lasse sie dann nachruhen.
Nach der Massage führen wir ein Nachgespräch, in dem die empfangende Person teilen kann wie es ihr geht und wie sie die Reise erlebt hat, sich von mir Rückmeldung holen kann, wie ich sie erlebt habe und auch noch vorhandene Fragen stellen kann.
Bist du mutig genug für diese neue Erfahrung?
Den Schritt zu gehen, eine Fesselmassage zu buchen, erfordert eine gute Portion Mut. Es braucht Neugier und die Bereitschaft, mal über den Tellerrand der gewohnten Erfahrungen hinaus zu schauen. Dafür warten neue Erfahrungen und Erlebnismöglichkeiten auf dich!
Also, ich freue mich, dich fessseln zu dürfen! Bist du bereit?